Was Biokunststoffe zu einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft beitragen können

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Die Plastikkrise als großes weltweites Problem verschärft sich stetig. Wir müssen zu einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft und einem nachhaltigeren Umgang mit Kunststoffen kommen – möglichst bald und möglichst schnell.

Doch welche Rolle können Biokunststoffe dabei spielen? Welche Vorteile und welches Potenzial bieten sie?

Quelle: IfBB

1. Nachwachsende Rohstoffe statt Erdöl!
Biokunststoffe können eine Alternative zu fossilbasierten Kunststoffen sein, vor allem wenn es um die Substitution von langlebigen Kunststoffen, also den Einsatz von nicht-abbaubaren Biokunststoffen, geht. Bspw. bei Büroartikeln, Sportartikeln, im Haushaltsbereich, in Textilien, aber auch im Automobilbereich oder in der Luftfahrt: Überall dort tragen sie dazu bei, dass weniger Erdöl und stattdessen nachwachsende Rohstoffe als Rohstoffbasis verwendet werden. Dabei ersetzen sie nicht nur das Erdöl, sondern ihr Einsatz macht uns auch unabhängig von Erdölimporten aus politisch instabilen Regionen.

2. Langlebige Biokunststoffe („Drop-Ins“): einfache Substitution durch gleiche Materialeigenschaften!
Langlebige Biokunststoffe mit gleichem chemischem Aufbau wie ihre fossilbasieren Pendants, bspw. Bio-PE, Bio-PA oder Bio-PET, (sog. „Drop-Ins“) weisen die gleichen Materialeigenschaften auf, einziger Unterschied ist die nachwachsende Rohstoffbasis. Sie können mit den gleichen Prozessen, Verfahren und technischen Mitteln verarbeitet – und recycelt! - werden wie fossilbasierte Kunststoffe, es bedarf damit keiner aufwändigen Umstellung der Prozesse.

Quelle: The Ocean Cleanup

3. Abbaubare Biokunststoffe gegen die Meeresverschmutzung?
Abbaubare biobasierte Kunststoffe sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die Abbaubarkeit einen tatsächlichen Zusatznutzen bedeutet, bspw. als Mulchfolie in der Landwirtschaft oder Implantate in der Medizin. Ansonsten ist ihr Einsatz kritisch zu sehen, da eine Mehrweg- der Einwegnutzung immer vorzuziehen ist. Dennoch können sie eventuell auch dazu beitragen, die Plastikverschmutzung der Meere einzudämmen. Zu diesem Aspekt wird derzeit umfangreich geforscht. Aber: Auch hier liegt der Fokus auf den Einträgen von Kunststoffen ins Meer, die unvermeidlich sind, beispielsweise bei verlorengegangenen Fischernetzen oder -reusen, und soll keinesfalls dazu führen, dass abbaubare Kunststoffe in der Natur entsorgt werden. Kunststoffe gehören per se nicht in die Umwelt!

4. Maximale Kaskadennutzung!
Der Aspekt der Kaskadennutzung spielt eine wichtige Rolle: Biobasierte Kunststoffe können und sollten möglichst oft werkstofflich wiederverwertet werden, bevor sie schließlich am Ende der Verbrennung zugeführt werden. So verwertet man die Rohstoffe zunächst stofflich und zusätzlich im zweiten Schritt energetisch. Im Unterschied zu petrochemischen Kunststoffen entsteht bei der Verbrennung (und auch der Kompostierung) von Biokunststoffen genau die CO2-Menge, die bei der Bildung der zugrundeliegenden Biomasse aufgenommen wurde. Wenn jetzt der Werkstoff vor der energetischen Verwertung noch stofflich genutzt wird, kann der (Kaskaden-)Nutzen maximiert werden.

Quelle: IfBB

5. Reststoffe als Rohstoffe einsetzen: Stärkung der regionalen Kreislaufwirtschaft!
Um den Bedarf von Agrarrohstoffen für Biokunststoffe möglichst gering zu halten, kommen immer mehr Reststoffe zum Einsatz, die sonst vielfach ungenutzt blieben, bspw. Stroh, Holzreste, Hanf- oder Flachsstaub, Ernterückstände, Obstkerne, Gemüse- und Nussschalen, Kaffeesatz. Das schont die Landflächen und mindert den Landflächenbedarf erheblich!
Monokulturen, Pestizideinsatz und Niedriglöhne sind weder nachhaltig noch sozial - auch bei der Rohstoffgewinnung für Biokunststoffe müssen wir weg von den in Übersee produzierten Rohstoffen und hin zu einer nationalen oder regionalen Kreislaufwirtschaft. Für Biokunststoffe werden derzeit vornehmlich Zuckerrohr und Maisstärke eingesetzt – Zucker und Mais lassen sich auch in Europa, auch in Deutschland, anbauen.
Von beidem, dem heimischen Anbau der nachwachsenden Rohstoffe ebenso wie von der Nutzung der bislang teilweise ungenutzten Reststoffe, profitiert die heimische Landwirtschaft. Neue Absatzmärkte werden erschlossen, statt Erdöl werden Reststoffe als Primärquelle eingesetzt, die Flächeneffizienz gesteigert, die Kaskadennutzung gefördert, indem die Rohstoffe zunächst stofflich und erst dann energetisch genutzt werden, die CO2-Belastung wird reduziert.

Spritzgießanlage im IfBB-Technikum. Qelle: Ulf Ostländer

6. Recycling und Mehrweg statt Einweg forcieren!
Auch Biokunststoffe lassen sich recyceln und zwar im Falle der so genannten „Drop-Ins“ wie Bio-PE, Bio-PA, Bio-PET mit den gleichen Stoffströmen wie fossilbasierte Kunststoffe. Hierfür ist kein weiterer technischer Aufwand notwendig. Auch chemisch neuartige Biokunststoffe, für die es kein fossilbasiertes Pendant gibt, wie bspw. PLA, sind grundsätzlich recyclingfähig, hier fehlen derzeit nur noch die Mengen, damit sich das Recycling nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich lohnt. Gleichzeitig müssen wir beim Einsatz aller Kunststoffe mehr und mehr auf Mehrwegsysteme setzen („Einweg ist kein Weg!“), für den einmaligen Einsatz sind Kunststoffe viel zu schade.

7. Sind Biokunststoffe nachhaltiger?
Eine grundsätzliche Aussage dazu, ob Biokunststoffe umweltfreundlicher sind als fossilbasierte, lässt sich nicht treffen. Tendenziell kann die Nutzung nachwachsender Rohstoffe aber erstens die begrenzten Erdölvorräte schonen und im durchschnittlichen Vergleich mit herkömmlichen erdölbasierten Rohstoffen zweitens die CO2-Emissionen verringern. Biokunststoffe sind also nicht per se umweltfreundlicher als erdölbasierte Kunststoffe, es hängt vielmehr von der konkreten Anwendung ab. Sie können eine Teillösung im Kampf gegen die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe sein, denn sie bieten mit ihrer nachwachsenden Rohstoffbasis eine Alternative zur Erdölnutzung.

Quelle: BiNa-Projektpartner

Grundsätzlich gilt: Im Sinne der EU-Kunststoffstrategie müssen wir für einen nachhaltigeren Umgang mit Kunststoffen die Kreislaufwirtschaft weiter vorantreiben, die Recyclingquote nachhaltig erhöhen, die Kaskadennutzung stärken und bereits bei der Herstellung von (Bio-)Kunststoff-Produkten nach dem Motto „Design for Recycling“ handeln. Das bedeutet zum Beispiel den konsequenten Einsatz von Monomaterialien bei Verpackungen, aber gleichzeitig auch die konsequente Reduktion aller Kunststoffe – wo irgend möglich.

Biokunststoffe sind auch nur ein Teil der Kunststofffamilie. Kunststoffe jeglicher Art sind als Werkstoffe nicht mehr weg zu denken und viel zu wertvoll, um nach einmaliger Nutzung entsorgt zu werden!